Alles begann mit dem „Grosihaus“, dem heutigen „LA CASA VERDE“. Wobei dies, genau genommen, nicht ganz stimmt. Es begann mit dem Bau des Hauenstein-Basistunnels der Eisenbahnlinie Basel-Olten (1911 bis 1916) in Tecknau. Da kam nämlich der Urgrossvater meines Mannes, Ercole Coletti (1881-1959), nach Tecknau, wo er während den Bauarbeiten zeitweise drei Kantinen und einen Kiosk betrieb.

Ercole Coletti mit Sohn Luigi I.

Nach Abschluss des Tunnelbaus führte Ercole, hier rechts auf dem Bild mit Sohn Luigi I., noch eines der Restaurants weiter und arbeitete nebenbei als Maurer, bis er 1919 einen Obst- und Geflügelhandel gründete.

Zu diesem Zweck errichtete er in der Nähe des Bahnhofs entsprechende Betriebsgebäude, veräusserte diese später aber wieder.
1931 wurde er dann endgültig sesshaft, als er das „LA CASA VERDE“ mit Ökonomiegebäude und in den folgenden Jahren 15 weitere kleinere und grössere Stallungen am heutigen Standort errichtete.

Luftaufnahme des Gartens zu Zeiten des Obst- und Geflügelhandels

1942 übernahm Sohn Luigi I. (1905-1974) mit seiner Frau Clara Coletti-Koller (1911-2008) die Handlung, welche sie mit viel Fleiss ausbauten. In den 1950er Jahren wurden jährlich ganze Eisenbahnwaggons voll Kirschen, Zwetschgen und Äpfel umgesetzt und gegen 7000 Kücken zu Junghennen aufgezogen, um sie an die Bauernhöfe im Oberbaselbiet und ins nahegelegene Fricktal zu verkaufen.

Obsttransporte zum Bahnhof Tecknau



Als Ausgleich zu dieser körperlich sehr anstrengenden Arbeit begann Grosi Clara mit zunehmend grosser Begeisterung mit dem Gärtnern und übernahm die Imkerei von Ercole. Der Gemüsegarten wich nach und nach einem wunderschönen Ziergarten, mit einer zur damaligen Zeit verblüffenden Pflanzenvielfalt.

Grosi vor dem Bienenhaus
Grobi / Luigi I.

An diversen Märkten und in der Markthalle in Basel, wo Ercole, Grosi und Grobi (von Grossbabbi) ihre Waren vertrieben, fand Grosi immer wieder Sträucher und Stauden, die sie nach Tecknau mitbrachte. So gab es in ihrem Garten Pflanzen, die zur damaligen Zeit gewöhnlicherweise wohl nicht in einem Privatgarten anzutreffen waren, wie z.B. Tamarisken. Aus den Ferien in Italien fanden diverse Agaven-Schösslinge den Weg nach Tecknau, wo sie noch heute in Reih und Glied stehend die Mauer beim Grundstückseingang zieren.

Der Gemüsegarten blieb als wichtiger Bestandteil stets erhalten – wenn auch in etwas kleinerer Dimension. Dafür erhielten die im Gebäude 5b (unserem heutigen Wohnhaus) wohnhaften Gastfamilien aus Italien jeweils Platz für einen Gemüsegarten. So fand auch das eine oder andere spezielle Gemüse den Weg vom Süden nach Tecknau.

1974 wurde der Handelsbetrieb nach dem Tod von Grobi eingestellt. Viele Ställe wurden abgerissen und zwei Drittel der Hühnerweiden überbaut und später teilweise veräussert. Der Zier- und Gemüsegarten blieb erhalten, sowie eine nun geringere Anzahl Hühner für den Eigengebrauch. Auch hielt man weiterhin Schafe um die grosse Grasfläche einfacher zu bewirtschaften. Aufsitzmäher im Privatgarten waren zur damaligen Zeit definitiv noch kein Thema.

So fand ich 1995 den Garten vor, als ich nach meinem Lehrabschluss als Floristin zu meinem damaligen Freund und heutigen Ehemann nach Tecknau zog. Grosi, mittlerweile 84-jährig und immer noch begeisterte Gärtnerin, bat anstelle ihres Enkels Luigi III. nun vermehrt mich, kleinere Arbeiten im etwa 4’000m² grossen Garten zu übernehmen, welche sie nicht mehr so gut tätigen konnte. Mit einer zugegebenermassen anfangs eher kleineren Begeisterung, aber umso grösseren Hilfsbereitschaft half ich an meinen freien Tagen mit und wurde je länger je mehr vom Gartenvirus befallen.
Da meine Mutter und Grossmutter ebenfalls grosse Blumenfans sind/waren, „keimte“ diese „Saat“ dann wohl glücklicherweise auch noch auf. Dass meine damaligen Hilfseinsätze und meine späteren jeweiligen Umgestaltungen des von Grosi so geliebten Gartens sehr viel Geduld, Zuversicht und Optimismus abverlangten, wurde mir erst viel später bewusst.

Grosi


Vor ihrer unglaublichen Grosszügigkeit, ihrem Fleiss und ihrer offenen und herzlichen Art verneige ich mich tief. Merci Grosi!


Das „LA CASA VERDE“ hat seinen Namen übrigens erst im Jahr 2000 erhalten, als wir es das erste Mal in Colettigrün streichen liessen. Die zugegeben etwas knallige Farbe erinnert uns an mintgrüne Cadillac-Autos aus den Rock’n’Roll-Jahren und soll somit eine Hommage an den arbeitsintensivsten Zeitraum von Grosi und Grobi sein, welchen wir unser heutiges Zuhause zu verdanken haben.